Im Polizeiseelsorgebeirat wurde im Frühjahr 2014 die Idee geboren, länger erkrankte Bedienstete in der Polizei durch die Mitglieder des Beirats und andere Interessierte zu besuchen. Während der Sitzung spürte man die Begeisterung, die diese Idee hervorrief. „Dass wir da nicht schon eher darauf gekommen sind“, war die überwiegende Meinung. Wir wollen Mitstreiter gewinnen, da uns bewusst ist, dass wir das alleine nicht werden stemmen können.
Drei Reaktionen wurden uns dabei entgegengebracht: Die einen fanden die Idee gut und überlegten sich, mitzuarbeiten. Viele Kolleginnen und Kollegen reagierten aber skeptisch: Wollt ihr für die Behörde (oft wurde der Begriff „bespitzeln“ gebraucht) herausfinden, ob wirklich eine Krankheit das Fernbleiben verursacht. Und wieder andere vertraten die Meinung, dass ja schon genug für die Belegschaft getan wird: die Sozialberatung, das behördliche Wiedereingliederungsmanagement, die Nachfragen der Behördenleitung, u.a.
Keines dieser Elemente wollen oder können wir ersetzen. Wir sind getrieben von dem Gedanken der Nächstenliebe, dem „Inter-Esse“, zu Deutsch: dem „Dabei-Sein“ oder „Mit-Sein“ an den Kolleginnen und Kollegen, die längere Zeit keinen Dienst mehr machen können. Wir wollen – ganz einfach und ohne Hintergedanken – unsere Zeit den Kranken schenken.
Bewusst haben wir uns darauf verständigt, dass diese Tätigkeit im Ehrenamt erfolgen soll: ohne Anrechnung von Dienstzeit und ohne Gestellung eines Dienstfahrzeuges. Der Krankenbesuchsdienst in der Freizeit erfolgen. Damit wollen wir auch dem Vorwurf entgegentreten, Kontrolleur der Kranken zu sein. Und wir wollen nicht ungebeten oder ungelegen kommen. Deshalb werden wir zuerst uns telefonisch bei den Betroffenen melden, erfragen, ob ein Besuch überhaupt gewünscht wird.
Die Kenntnis über die Krankheit einer Kollegin oder eines Kollegen wird das Mitglied des Krankenbesuchsdienstes der Polizeiseelsorge durch eigene Erfahrungen aus seiner Dienststelle erhalten. Wir dürfen und wollen nicht über andere Wege von dem Krankenstand erfahren und vor allem wollen wir nicht „geschickt“ werden. Der Krankenbesuchsdienst alleine entscheidet, wer wann besucht werden will und kann. Und nach dem Besuch ist Stillschweigen über den Besuch selbstverständlich. Natürlich ist uns der Paragraph 163 der StPO vertraut und ist uns die Problematik bewusst. Dennoch wollen wir uns davon nicht abhalten oder gar abschrecken lassen. Die Mitmenschlichkeit den eigenen Kolleginnen und Kollegen gegenüber ist uns das Risiko wert und wir nehmen es an. Und wenn wirklich einmal eine brisante Situation auftreten sollte, können immer noch die Polizeiseelsorger verständigt werden, die im Schutz des Zeugnisverweigerungsrechtes arbeiten.
Ich wünsche mir, dass wir mit diesem Dienst positiv in der Polizei unseres Präsidiums aufgenommen werden und man uns vor allem mit Vertrauen begegnet.
Hartmut von Ehr, Polizeiseelsorger (a. D.) im Bistum Speyer
Weitere Informationen zum Krankenbesuchsdienst (.pdf) →
Interview mit Jochen Gleich über den Krankenbesuchsdienst (.pdf) →
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